Foto: Tourist Information Konstanz – Blick auf den Seerhein

Er ist Teil des Bodensees, auch wenn er mit ihm nur durch den Rhein verbunden ist, der etwa zwei Kilometer durch Konstanz und seinen Orts­teil Paradies fließt, ehe sich hinter dem Schweizer Ort Gottlieben der Untersee öffnet. Der nördliche Teil zwischen der Insel Reichenau und dem Bodanrück heißt Gnadensee, zwischen der Halbinsel Mettnau vor Radolfzell und der Halbinsel Höri liegt der Zellersee.

Am Untersee – genauer auf der Höri – bildete sich eine Künstlerkolonie, am Schweizer Ufer des Untersees lebten im 19. Jahrhundert der spätere Napoleon III. und eine Reihe prominenter Franzosen. Auch heute wird diese Gegend von Prominenz bevorzugt, die unbehelligt hier lebt.

Der Obersee begeistert durch seine Weite, der Überlinger See erinnert an nordische Fjorde, der Untersee aber ähnelt einem breiten Flusstal mit steil ansteigenden, lieblichen Höhen. Eng schmiegen sich die Orte an die Hänge, die auch für Wein- und Obstbau genutzt werden. Und immer neue reizvolle Perspektiven tun sich auf. Schwer zu sagen, ob der See vom steileren Schweizer Ufer aus, vom beliebten Wandergebiet auf dem Seerücken, wo zahlreiche Schlösschen und Burgen liegen, eindrucks­voller erscheint oder von der Höri, von deren Höhen sich eine herrliche Sicht auf die Schweizer Berge bietet.

Eine Folge malerischer Fischer- und Winzerorte mit gepflegten Fachwerkhäusern (in der Schweiz Riegelbauten genannt), Seepromenaden und Segelhäfen reiht sich aneinander. Wer sie geruhsam erkunden will, sollte mit dem Fahrrad auf Entdeckungstour gehen.

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Von Konstanz bzw. Kreuzlingen her kommt man zuerst nach Gottlieben. In diesem kleinen Ort (mit 350 Einwohnern die kleinste Gemeinde der Schweiz) gegenüber dem ausgedehnten Wollmatinger Ried findet man sehr gepflegte herrschaftliche Fachwerkbauten und eine erlesene Gastronomie. Das Schloss (privat) am Eintritt des Seerheins in den Untersee besteht aus der alten Bischofsburg (um 1250) und einem von Napoleon vorgesetzten neugotischen Anbau. Im Schloss wurden während des Konstanzer Konzils Jan Hus und der abgesetzte Papst Johannes XXIII. gefangen gehalten. Ausstellungen und Lesungen gibt es in dem wiederhergestellten Haus des Dichters Emanuel von Bodman.

Auch das benachbarte Ermatingen war wie so viele andere ein idyllisches Fischerdorf, die kleinen Fischerhäuser prägen noch immer den Ort. Im Jahr 2003 hat hier in einem noblem Anwesen mit Remise und Park das „Vinorama Ermatingen“, ein Museum für Weinbau und Tafelfreude, eröffnet. Es spürt auch der Zugehörigkeit der Unterseegemeinde zum Kloster Reichenau und dessen Einfluss auf das tägliche Leben der Bauern und Fischer wie den geschichtsträchtigen Bauten im Ort und in den Nachbargemeinden nach. Dass die Fastnacht in Ermatingen drei Wochen vor Ostern gefeiert wird, ist eine Besonderheit, die auf ein päpstliches Privileg zurückgeht.

Von Ermatingen wie von den anderen Orten am Seerücken bietet es sich an, auf die Höhe zu fahren und etwa 200 Meter über dem See auf ruhigen Wegen immer wieder den Blick auf Höri und Bodanrück auf der deutschen Seite zu genießen.

Nicht ganz so hoch hinauf geht es von Mannenbach-Salenstein, der „Gemeinde der Schlösser“, zum etwas oberhalb gelegenen Schloss ­Arenenberg mit dem Napoleonmuseum, diesen Abstecher sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.

Foto: Tourist-Information – Blick auf die Insel Reichenau im Untersee
Foto: Tourist-Information – Blick auf die Insel Reichenau im Untersee

Parallel zur gegenüberliegenden Insel Reichenau führt der Weg weiter nach Berlingen, wo von weitem der spitze Turm der reformierten Kirche grüßt, des ersten neugotischen Baudenkmals der Schweiz. Eng geht es zu zwischen Ufer und Rebhängen. Mit seinen prächtigen Winzerhäusern aus dem 18. Jahrhundert ist das idyllische Berlingen eines der schönsten Dörfer am Schweizer Ufer. Hier wirkte zeitlebens der Maler Adolf Dietrich (1877 – 1957). Sein Geburts-, Wohn- und Arbeitshaus mit Malstube und Dokumentationsraum kann besichtigt werden (Seestrasse 31).

Ein markantes Wahrzeichen am Untersee will in Steckborn bewundert sein: der Turmhof direkt am Wasser, um dessen breite Kuppel sich vier zierliche Türmchen reihen. Der auffällige Wohnturm aus dem frühen 15. Jahrhundert wurde vom Reichenauer Abt Diethelm von Castell gebaut und unterstand nicht dem Ort. 2002 hat die neu eingerichtete Stiftung Turmhof den Gebäudekomplex erworben, der Schritt für Schritt restauriert und umgebaut und zum Kulturzentrum am Untersee ausgebaut werden soll. Schon jetzt gibt es im Foyer Ausstellungen und Lesungen. Im Turmhof untergebracht ist ein Heimatmuseum mit prähistorischer Abteilung. Besonders sehenswert sind die Arbeiten der Steckborner Hafnerzunft: Im 18. Jahrhundert ließ jeder, der auf sich hielt und es sich leisten konnte, einen dieser mit reich bemalten Kacheln versehenen Öfen einrichten. Enge Gässchen prägen den Ort, der sich viel von früher bewahrt hat und weit weniger überlaufen ist als Stein am Rhein. Im Werksgebäude der Firma Bernina ist ein Nähmaschinenmuseum eingerichtet.

Weiter geht’s ins kleine Mammern. Das Dorf wird geprägt von dem Anfang des 17. Jahrhunderts gebauten Schloss, in dem seit 1866 eine Privatklinik untergebracht ist. In dem prachtvollen Park liegt eine Kapelle von Johann Michael Beer. Franz Ludwig Herrmann schuf die illusionistische Innenausmalung, die Altäre und Säulen vortäuscht. Im Ort selbst sind wiederum gut erhaltene Fachwerkbauten und die Uferanlage sehenswert.

Foto: Helmut Voith – Blick über Klingenzell auf den Untersee
Foto: Helmut Voith – Blick über Klingenzell auf den Untersee

Von hier aus möchte man den kurzen Umweg zur oberhalb Mammerns gelegenen hübschen Wallfahrtskapelle Klingenzell empfehlen, von wo sich ein prächtiger Rundblick auf Untersee und Rhein bietet. An Schloss Freudenfels vorbei führt das Sträßchen wieder hinunter nach Eschenz. Wer mehr Zeit mitbringt, sollte aber nicht gleich wieder an den See zurückfahren, sondern über den Seerücken hinweg, von dem sich eine überwältigende Aussicht bietet, über Herdern und Warth zur Kartause Ittingen. Nach dem Brand 1524 wurde sie 1541 wieder aufgebaut. Das Kloster war nach der Aufhebung im Jahre 1848 über hundert Jahre in privater Hand, hat sich aber gut erhalten und gilt nach aufwendiger Renovation heute als Schweizer Kulturdenkmal von internationaler ­Bedeutung. Um den kleinen Kreuzgang liegen die Kirche und die Gemeinschaftsräume, am großen Kreuzgang die typischen einzelnen Kartäuserwohnungen. In diesem Komplex, der als Schulungs-, Bildungs- und Tagungszentrum dient, befinden sich die Kunstsammlung des ­Kantons Thurgau und das Ittinger Museum. Ein exquisites Kammermusikfestival sind die alljährlichen Ittinger Pfingstkonzerte.

Zurück am Untersee tut sich zwischen Mammern und Eschenz ein herrlicher Blick auf Stein am Rhein und die Burg Hohenklingen auf. Von hier aus bietet sich ein Ausflug nach Schaffhausen mit dem berühmten Rheinfall an. Ein Kleinod am Weg ist das malerische mittelalterliche Städtchen Diessenhofen, wo eine 200 Jahre alte überdachte Holzbrücke den Rhein überquert.

Hauptattraktion bei Schaffhausen ist natürlich der Rheinfall, der größte Wasserfall Europas (Ausfahrt Richtung Zürich, ausreichend Parkmöglichkeit). Auf einer Breite von 150 Metern stürzt der Rhein hier donnernd 25 Meter in die Tiefe. Ein "Aussichtskänzeli“ schiebt sich in die sprühende Gischt.

Foto: Helmut Voith – Rheinfall Schaffhausen
Foto: Helmut Voith – Rheinfall Schaffhausen

In Schaffhausen selbst lohnt der Besuch der Altstadt mit ihren stattlichen Zunft- und Bürgerhäusern, ihren Treppengiebeln und mehr als hundert Erkern von der Gotik bis zum Rokoko, ihren Gassen und Plätzen. Vom Rundturm der Munot, der mächtigen Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert am Ostrand der Altstadt, bietet sich ein herrlicher Blick auf Stadt und Rhein. Ein Muss für Kunstfreunde sind das Allerheiligen-Museum im ehemaligen Benediktinerkloster mit dem größten romanischen Kreuzgang der Schweiz und die „Hallen für neue Kunst“.

Von Stein am Rhein aus fahren wir am deutschen Ufer des Untersees Richtung Osten. Wir sind nun auf der Höri, einer waldreichen Halbinsel mit vielen kleineren Orten und einigen fast unberührten Fleckchen. Nicht versäumen sollte man eine der steilen Auffahrten auf den Schiener­berg (708 m), über den sich ein Netz von Wanderwegen zieht. Oben in Schienen steht eine bemerkenswerte schlichte Wallfahrtskirche, deren ursprünglicher romanischer Zustand wiederhergestellt wurde.

Die anderen Höri-Orte liegen am sonnigen Südhang. Sie haben sich, soweit das in der heutigen Zeit möglich ist, etwas von ihrer früheren Beschaulichkeit bewahrt. Man lebt vom Fremdenverkehr, von der Landwirtschaft. Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte es immer wieder verlassen und zum See hinuntergehen, da die Straße nicht immer in Ufernähe verläuft. Der Blick auf die Schweizer Seite ist einfach bezaubernd: Wie ein breiter Strom liegt der See vor uns, der Seerücken erhebt sich steil dahinter, immer wieder blitzen Kirchen, einzelne Häuser auf.

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In herrlicher Hanglage liegt das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Öhningen mit seiner frühbarocken Stiftskirche. Die evangelische Kirche im nahen Kattenhorn, durch das ein schmales Sträßchen halb am Hang nahe dem Ufer führt, hat Glasfenster nach Entwürfen von Otto Dix.

Gleich danach folgt Wangen, wo der Bauer Kaspar Löhle 1856 Reste von Pfahlbauten aus der Jungsteinzeit entdeckte – damit begann die Pfahlbauforschung am Bodensee. Ein Blickfang ist das Museum Fischerhaus in einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus. Es beherbergt zwei archäologische und paläontologische Sammlungen. Im 19. Jahrhundert existierte in Wangen eine stattliche jüdische Gemeinde, zu der auch die Familien von Albert Einstein und Jacob Picard gehörten.

Im benachbarten Hemmenhofen lebte Otto Dix (sein Haus ist heute Museum), im nahen Gaienhofen mit seinem idyllischen Dorfplatz lebte Hermann Hesse einige Jahre. Sein Haus ist inzwischen das Hermann-Hesse-Höri-Museum mit Bildern der Hörimaler im Erdgeschoss.

Foto: Peter Kuhnle – Blick auf Radolfzell
Foto: Peter Kuhnle – Blick auf Radolfzell

Der bei weitem größte Ort am Untersee ist Radolfzell, früher Versammlungsort des Hegauer Adels. Das mächtige Ritterschaftsgebäude zum St. Georgenschild, in dem die Ritter von 1609 bis 1805 tagten, ist heute Sitz des Amtsgerichts. Das Ortsbild beherrscht die spätgotische Stadtpfarrkirche am Marktplatz, das Münster Unserer Lieben Frau, mit dem Rosenkranzaltar von 1632 aus der Zürn-Werkstatt 1632 und der Rokoko-Hausherrenkapelle im Inneren. „Hausherren“ nennt man die drei Patrone der Stadt: St. Senesius, St. Theopont und St. Zeno. Der Reliquienschrein und die Büste des hl. Zeno werden alljährlich am „Hausherrenfest“ (3. Julisonntag) in Tracht durch die Altstadt getragen. Tags darauf pilgern Einwohner des Nachbarortes Moos in einer Wasserprozession mit zahlreichen blumen- und girlandengeschmückten Booten über den See zu den Radolfzeller Stadtpatronen, auf deren Fürbitte ihre Vorfahren einst eine Viehseuche überstanden hatten.

Weit schiebt sich von Radolfzell die Halbinsel Mettnau zwischen Markelfinger Winkel und Zeller See auf die Insel Reichenau zu, deren Westspitze nur etwa drei Kilometer entfernt liegt. Die Spitze der Mettnau ist ein großartiges Naturschutzgebiet, in dessen Schilf- und Feuchtwiesenlandschaft der Radolfzeller Naturschutzbund Sonderführungen anbietet. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Halbinsel für ihre Kuranlagen bekannt („Mettnaukur“ für Herz-Kreislaufkranke).

Von Radolfzell aus kann man das nahe Singen am Hohentwiel besuchen. Singen, die Metropole des Hegaus, ist heute eine blühende Industriestadt und besitzt in seiner städtischen Kunstsammlung Werke der Höri-Maler. Sehr lohnend ist der Besuch des Hohentwiel, des bekanntesten Hegauberges, mit seiner Burgruine, die im Sommer als beliebte Festspielkulisse dient. Hier spielt übrigens der bekannte historische Roman „Ekkehard“ des Dichters Joseph Victor von Scheffel, der einige Jahre im „Scheffelschlösschen“ auf der Mettnau lebte.

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Von Radolfzell führt eine Straße über Markelfingen am Ufer entlang nach Allensbach. Etwas landeinwärts liegt ein vor allem für Kinder spannender Wild- und Freizeitpark mit Luchsen, Bären, Wölfen und Wisenten und ganz in der Nähe der Mindelsee. Allensbach, am Gnadensee gegenüber der Reichenau gelegen, wurde durch das 1947 von Prof. Elisabeth Noelle-Neumann gegründete Institut für Demoskopie berühmt. Sehenswert ist die barockisierte Nikolauskirche mit mächtiger Turmzwiebel, mit Rokokoseitenaltären und kunstvoll verzierter Kanzel.

Immer wieder fällt auf der Weiterfahrt der Blick auf die Klosterinsel Reichenau, das nahe Schweizer Ufer und den Seerücken dahinter, während vorne längst das Konstanzer Münster zu sehen ist. Bald nach Allensbach mündet die relativ ruhige Uferstraße in die stark frequentierte Bundesstraße nach Konstanz, das sich in seinen Ausläufern keineswegs von seiner Schokoladenseite zeigt – die Industrie trägt aber wesentlich zum Wohlstand der Region bei.

Die alte ehemalige Bischofsstadt und junge Universitätsstadt Konstanz ist mit 80.000 Einwohnern die größte Stadt am Bodensee, die kulturelle Metropole mit einem speziellen südlichen Flair und einer Lebendigkeit, zu der die Studenten wesentlich beigetragen haben. (hv)