Gleich links am Eingang des von Wellen umspülten kleinen Friedhofs an der St. Georgskirche auf der Halbinsel Wasserburg liegt das Ehrengrab für Horst Wolfram Geißler (1893 – 1983). Sein berühmtester Roman, „Der liebe Augustin” (1921), millionenfach verkauft und in viele Sprachen übersetzt, war vielleicht der beste Werbeträger für die Bodenseeregion. Eigentlich schade, dass die bittersüße Liebesgeschichte um den Lebenskünstler Augustin Sumser pure Erfindung ist.

Aus Wasserburg stammt Martin Walser (geb. 1927), einer der wenigen deutschen Gegenwartsdichter von internationalem Rang. Auch wenn er heute in Überlingens Teilort Nußdorf lebt: In Wasserburg ist er geboren, dort hat er seine Kinder- und Jugendzeit verbracht – das „Museum im Malhaus” widmet dem berühmten Sohn der Gemeinde einen eigenen Raum. In seinem autobiografischen Roman „Der springende Brunnen” (1998) lässt der Autor die Jahre 1933 – 45 Revue passieren, viele seiner früheren Romane und Erzählungen spielen am See und im Hinterland. Dem Feriengast sei die Walser-Novelle „Ein fliehendes Pferd” empfohlen, eine Liebeserklärung an den Bodensee. Mit dem 1999 verstorbenen Maler André Ficus zusammen gab Walser das Buch „Heimatlob” heraus, das eine Landschaft preist, die für sich selbst spricht, die Künstler seit Jahrzehnten anzieht. Von mittelalterlichen Dichtern, von Malern und Baumeistern der Barockzeit ist in diesem Buch immer wieder die Rede. Viele sind hier am See gewesen. Goethe benutzte von Lindau aus den „Mailänder Boten” zur Reise über die Alpen nach Italien. Der berühmte englische Maler William Turner hielt Bregenz und Konstanz in zauberhaften Farbskizzen fest.

Weil ihre Schwester Anna Maria (Jenny), mit Joseph Freiherr von Laßberg verheiratet, Burgherrin auf der Meersburg war, verbrachte Annette von Droste-Hülshoff, Deutschlands bekannteste Dichterin, einige Jahre auf der Meersburg, wo ihre persönlichen Räume, darunter ihr Sterbezimmer, zu besichtigen sind. Viele ihrer Gedichte sind im roten Turmzimmer mit der prächtigen Aussicht auf See und Alpen entstanden. Unter dem ­Arbeitsraum findet man eine Büchersammlung mit Erstausgaben. Von dem Honorar für ihren ersten Lyrikband ersteigerte sie 1842 als persönliches Refugium in Meersburg einen Weinberg mit dem sogenannten Fürstenhäusle. Mit Biedermeiermöbeln, Bildern und Büchern der Droste und ihrer Familie ausgestattet, ist es heute ein liebenswertes Drostemuseum, das Originalhandschriften und viele Erinnerungsstücke aufbewahrt.

Auf der Halbinsel Höri erinnert das Hermann-Hesse-Museum in Gaienhofen daran, dass dieser Dichter einige Jahre am Bodensee verbrachte. Hans Leip, der vor allem durch den 1917 verfassten Text zu „Lili Marleen” international bekannt wurde, lebte ab 1953 auf der Höri und von 1954 an in der Nähe von Ermatingen auf der Schweizer Seite des Sees, auch der Dichter Carl Sternheim (1878 – 1942) lebte in den 1920er Jahren am Schweizer Bodenseeufer, in Uttwil.

Zu Hermann Hesses Zeit waren die berühmten Brücke-Künstler mehrfach auf der Halbinsel Höri. Besonders wichtig war die Höri im Dritten Reich: Eine Kolonie von Künstlern, die bei den braunen Machthabern in Ungnade gefallen waren, fand hier ein neues Domizil. Die freie Schweiz war zum Greifen nah und doch unerreichbar. Max Ackermann (1887 – 1975), damals schon ein abstrakter Maler, hatte immer ein angefangenes „vorzeigbares” Bild in der Nähe, um bei überraschendem Kontrollbesuch Harmlosigkeit demonstrieren zu können. Kurt Georg Becker (1904 – 1972), der nach dem Krieg in Singen die großen Bodensee-Kunstausstellungen organisierte, lebte in Hemmenhofen.

Nicht zu vergessen ist natürlich der Maler Otto Dix (1891 – 1969), der unter dem NS-Regime seinen Lehrstuhl an der Dresdener Akademie verlor und sich an den Bodensee zurückzog: Sein Wohnhaus mit Atelier, in dem er von 1936 bis zu seinem Tod lebte, ist in Gaienhofen-Hemmenhofen zu besichtigen (Otto-Dix-Haus). Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen besitzt eine umfangreiche Dix-Sammlung. Das Städtische Kunstmuseum Singen hat einen großen Bestand an Werken der Höri-Maler Otto Dix, Max Ackermann, Erich Heckel, Curth Georg Becker, Helmuth Macke u.a. und zeigt ständig ausgewählte Beispiele.

Langjähriger Gast am Bodensee war Hans Purrmann (1880 – 1966). Von 1916 bis 1935 verbrachte er regelmäßig die Sommermonate in Langenargen, wo er auch begraben liegt. Das örtliche Museum zeigt eine anspruchsvolle Sammlung seiner Bodensee-Landschaften. Es erinnert auch an den in Friedrichshafen geborenen Karl Caspar (1879 – 1956), der sich als Erneuerer der religiösen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts einen Namen machte.

Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen sammelt gezielt Kunst aus der deutschen Bodenseeregion, während das Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz auf österreichische Künstler setzt, wie Rudolf Wacker (1893 – 1939), den prominentesten Vertreter der Neuen Sachlichkeit, und natürlich Angelika Kauffmann (1741 – 1807), zu Goethes Zeiten eine Porträtmalerin von europäischem Rang.

In Konstanz besitzt die städtische Wessenberg-Galerie eine bedeutende Kunstsammlung. In vielen Orten verbirgt sich die eine oder andere Kostbarkeit im Heimatmuseum, es lohnt sich, auf Entdeckungsreise zu gehen. (hv)